Dienstag, 30. April 2013

Tag 30: Monistrol - d´Állier - Les Faux

Von Monistrol - d´Állier nach Les Faux
Distanz: 39,5 KM
Unterkunft Les Faux: Gîte/Hôtel L´Oustal de Parent

Der Camino - heute von Regen und Nebel umhüllt
Ich laufe mit Martina weiter. Wir haben das nicht wirklich ausgemacht, tun es einfach. Es regnet in Strömen, als wir uns am Morgen aufmachen. Von Gil und Robert haben wir uns nur kurz verabschiedet. Man weiß am Camino nie so genau, ob man den einen oder anderen wiedersehen wird, oder nicht. Martina wirkt sehr fit, wir werden wahrscheinlich nicht so leicht eingeholt werden und vielleicht auch den ein oder anderen Kilometer mehr machen. In dem Fall kann ich vorwegnehmen, dass wir die beiden nicht mehr angetroffen haben. Das Geschäft im Zentrum  Monistrol - d´Álliers hat heute geöffnet. Gegenüber gibt es einen Postkasten, wo ich die gestern Abend geschriebenen Karten auch einwerfen kann. Wir können dort den Proviant für die heutige Tagesetappe einkaufen. Die schnelle Pilgerin von gestern war gerade am Frühstück und wurde zusehends unruhiger, als sie uns abmarschbereit vor sich stehen sah. Auch sie hatte ich nicht mehr auf dem Camino getroffen. Sie war gestern allerdings so schnell und konstant unterwegs, dass ich mir durchaus vorstellen kann, dass sie vor mir in Santiago angekommen ist. Aber darum geht es ja nicht. Ich will nur nie zu früh in einer Herberge ankommen. Ich will am Abend erfüllt sein, von einer starken, gesunden Müdigkeit, weil ich meinem Körper einiges abverlangt habe. Mein Körper ist sehr stark geworden, er fordert eine bestimmte Kilometerzahl - das gefällt mir! Wenn ich in einen Spiegel oder in ein Glasfenster schaue, kenne ich mein Abbild fast gar nicht mehr. Ich habe definitv abgenommen und fühle mich sehr fit wie schon lange nicht mehr. Ich kann die Etappen jetzt auch steuern, kann schneller laufen, weiter gehen wenn ich das denn will.

Landschaft kurz vor Les Faux
Gerade als ich mich so ungeheuer stark fühlte, merkte ich jedoch eine leichte Druckstelle, an jener Stelle des Knies, wie die Schuhzunge aufliegt. Ich schenkte dem zunächst noch keine große Beachtung. Klar ist, dass ich mit Martina im Schlepptau auf einmal nicht mehr meinen eigenen Rhytmus lief. Ich war nicht mehr selbständig, bestimmte nicht mehr meine eigenen Pausen. Mein Körper reagierte scheinbar auf diese Änderung des Ablaufs - und leider nicht positiv. Eine der wichtigsten Regeln des Caminos ist für mich: jeder soll sein eigenes Tempo, seinen eigenen Camino laufen! Man muss auf seinen eigenen Körper hören und nicht auf den Rhythmus eines anderen. ich traf auf meinem Weg auch Ehepaare, die absolut nicht gut miteinander harmonierten. In solchen Situationen war ich froh, alleine und frei zu sein. Ich will auf niemandem Rücksicht nehmen müssen, außer mir. Ich weiß, wenn Martinas Rhytmus nicht der meinige ist, werde ich die Allianz wieder lösen müssen. Daweil hält sie aber sehr gut mit. Wir überholen viele Pilger, werden praktisch nie überholt. Es wundert mich, dass sie bereits am 2. Tag ihres Caminos solch ein Tempo und solche Distanzen gehen will. Vielleicht ist sie einfach noch sehr motiviert und frisch. Dann würde ein Absacken unweigerlich früher oder später kommen müssen. Daweil passt mir ihr Tempo ganz gut und wir laufen gemeinsam aus Monistrol - d´Állier hinaus. Die Brandblasen von meinem gestrigen Mißgeschick heilen ganz gut, tun auch fast nicht weh. Ich weiß, dass sie später sicher noch einmal mehr weh tun würden. Martina und ich unterhielten uns sehr viel. Die gebürtige Düsseldorferin lebt und arbeitet in Paris. Sie hat auch schon das ein oder andere in ihrem Leben hinter sich bringen müssen, steht aber mitten im Leben. Lediglich den richtigen Partner hat sie noch nicht gefunden. Ich bin froh, erstmals nicht alles alleine organisieren zu müssen. Sie spricht perfekt Französisch und ist - wie man es von einre Deutschen erwarten darf :-) - sehr organisiert. Mit ihrem Handy rief sie in Les Faux an und fragte nach 2 Schlafplätzen, was auch kein Problem darstellte.

Auch eine Art des Pilgerns
Unterwegs trafen wir auch auf einen von einem Esel gezogenen "Pilgerwagen". Auf dem Bock saß ein körperlich beeinträchtigter, älterer Mann, dessen Rollstuhl hinten auf dem Wagen angebracht war. Er wurde von 3 Menschen mittleren Alters flankiert. Die Herberge heute war luxeriös. Wir kamen in einem 2-Bettzimmer unter. Es störte mich in der Phase des Caminos nicht, ein wenig mehr Komfort zu haben und dem Schnarchkonzert anderer Pilger entgehen zu können. Ich konnte so viel besser laufen, wenn ich gut geschlafen hatte. Auf Dauer wollte ich jedoch dem einfach Pilgerleben treu bleiben. Das Abendessen war auch sehr gut. Es gab Suppe, Gulasch, Nudeln, Baguette und zum Dessert einen Kirsch-Zwetschkenkuchen. Wir aßen mit allen Pilgern zusammen an einem Tisch. Meist waren es Franzosen jeglichen Alters, die etappenweise bis nach Santiago pilgern wollen.    


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