Sonntag, 7. April 2013

Tag 7: Emmetten - Flüeli-Ranft

Von Emmetten nach Flüeli-Ranft
Distanz: 29,9 KM
Unterkunft Flüeli-Ranft: Fam. Rohrer-Gasser (Schlafen im Stroh)

Eine Lourdes-Grotte in Beckenried 
Der Tag beginnt sehr gut. Ich bekomme dasselbe Frühstück wie die anderen Hotelgäste. Es ist ein großes Buffet, das keine Wünsche offen lässt. Ich fühl mich für Ort und Anlass nicht passend gekleidet. Es scheint sich aber niemand sonst daran zu stören. Die Besitzerin nimmt sich Zeit und redet mit mir. Ihr Freund sei bei der Schweizer Garde und würde gerade dafür sparen, um auch auf den Camino gehen zu können. Ich bedanke mich sehr herzlich für Unterkunft und Frühstück, bekomme einen schönen Pilgerstempel (den sie nicht ohne Stolz präsentiert) und mache mich wieder auf meinen Weg. In Beckenried steht was äußerst Kurioses: ein Ebenbild der Grotte von Lourdes ist hier in klein nachgebaut worden. Im Hintergrund läuft Schweizer Volksmusik - ein kultureller Bruch, der für mich nicht auszuhalten ist - ich muss weitergehen.
Ab und zu fühlte ich mich auf meinem langen Weg auch wie
eine Schnecke
Ich habe heute das Ziel, die Heimat von Niklaus von Flüe (1417-87) zu erreichen, Flüeli-Ranft. Mit knapp 30 Kilometern wäre die heutige Etappe deutlich weiter als die bisherigen. Es ist nach wie vor sehr kalt. Als ich um halb neun an einer Temperaturanzeige vorbeikomme, hat es gerade einmal 2 Grad Celsius. Die Sonne lacht heute überhaupt nicht über mir. Ich war froh, als ich Abends sehr müde in der heutigen Unterkunft ankam. Ich sollte wieder der einzige Pilger sein, zu essen gab es nichts. Der Hunger holte mich jedoch bald ein. Ich hatte entweder die Möglichkeit zurück nach Flüeli-Ranft zu gehen, oder aber talabwärts nach Sachseln. Da ich in Flüeli-Ranft mehrere Gasthäuser gesehen habe, beschließe ich, wieder bergaufwärts zu wandern. Ich fühle mich wie eine Feder, so ganz ohne Rucksack.


Auch bei diesem Wetter war der Camino sehr schön -
 vor Flüeli Ranft
So erreiche ich nach einer halben Stunde wieder das Ortszentrum. Allerdings gestaltete sich die Gasthaussuche dann doch schwieriger als gedacht. Sie waren größtenteils bereits geschlossen oder waren gerade am schließen. Beim 4. Gasthaus hatte ich dann Glück. Es gibt ein deftiges Rösti mit Spiegelei und Speck. Mein Hunger ist heute grenzenlos. So gibt es dann noch einen Eiskaffee. Als eine Busladung voll Asiaten den Raum betritt, ausgerüstet mir Laptops und Handys, möchte ich den Raum schnell verlassen. Mit Ausnahme meines MP3-Players habe ich keine technischen Hilfsmittel bei mir - ganz bewusst hatte ich mich für diesen Weg entschieden. ich wollte vor allem frei sein - und nur so ist dies aus meiner Sicht zu machen - ohne Handy, ohne Internet. 

In der Dunkelheit ging ich den Hügel zum zweiten Mal abwärts. Als ich zum Zähneputzen gehen will, kann ich nicht. Der Hofhund stellt sich vor mich und knurrt. Er macht das, was er tun soll. Es nervt mich aber doch ein wenig. Es ist furchtbar kalt im Lager. Ich zieh mir Fließjacke und -mütze an und falle in einen unruhigen Schlaf.

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