Samstag, 20. April 2013

Tag 20: Les Côtes – Montagnin

Von Les Côtes nach Montagnin
Distanz: 27,5 KM
Unterkunft Montagnin: Gîte d´étape Le Moulin
 
 
Die heutige Caminoetappe verläuft über
weite Strecken entlang der Rhône
Der Tag beginnt fantastisch. Lisa und ich bekommen ein tolles Frühstück. Im gemütlich warmen Haus lässt es sich sehr gut aushalten. Es muss aber weitergehen. Lisa will Gepäck nach Wien schicken - sie hat definitiv zu viele Dinge bei sich, der Rucksack ist viel zu schwer. Da laut Herbergsmutter in Seyssel eine größere Postfiliale ist, beschließt Lisa, dorthin zu wandern. Diese Variante ist auch im Führer beschrieben und daher sicher auch markiert. So verabschiede ich mich von der sympathischen Wienerin. Obwohl sie erste am Beginn ihres Camino ist, strahlt sie doch eine gewisse Selbstsicherheit aus. Sie wird, auch wenn sie noch kein klares Endziel im Kopf hat, bestimmt ihren Weg gehen. Relativ bald nach Les Côtes findet ein Berglauf-Event statt- Zahlreiche Sportler beiderlei Geschlechts laufen auf einem alles andere als einladend wirkenden Matschweg den Hügel hinauf. Die Regenfälle der letzten Zeit waren auf dem Weg deutlich zu sehen. Die Strecke verläuft direkt auch meinem Pilgerweg. Ich grüße jeden einzelnen der Sportler, keine Frage, sie leisten Großartiges. Da die meisten mit dem Atmen ohnedies schon Probleme haben, winken sie mir freundlich zu oder nicken. Sie haben mit einer Gestalt wir mir sichtlich nicht gerechnet. Ich versuche sie möglichst nicht zu stören und weiche wann immer es geht großräumig aus.

Das kleine Örtchen Chanaz
Der heutige Weg ist wunderschön, auch wenn das Wetter sehr bewölkt ist. Vor allem entlang der Rhône zu laufen gefällt mir sehr gut. In Étang Bleu kehre ich in dem Restaurant ein, das auch vom Führer empfohlen wird. Das Wirte-Ehepaar ist sehr nett. Wir führen ein gutes Gespräch. Sie erzählen mir von den Fröschen, die sie hier als Spezialität zubereiten würden. Sie wollen mit eine Kostprobe geben, die ich aber dankend ablehnen muss. Ich liebe es, Fremdartiges aus den Küchen dieser Welt zu probieren, bei Fröschen hört es bei mir aber auf. Ich bekomme aber auch eine regionale Schnaps-Köstlichkeit zu probieren. Ansonsten trank ich aber zwei Oranginas und einen Kaffee. Gestärkt ging es weiter bis nach Chanaz. Um kurz nach drei kam ich in dem kleinen Ort an. Chanaz hat einen schönen Mittelalterkern und liegt herrlich an einem Kanal. Ich hätte große Lust gehabt mit dem nach dem Ort benannten Ausflugsschiff eine Runde zu drehen. Ich wollte aber noch weiter gehen. Montagnin sollte heute noch erreichbar sein. Mein gelbes Heft riet empfahlt mir dort eine Herberge, die ich nicht verpassen wollte. Zudem war es auch einfach noch zu früh, um schon "Feierabend" zu machen. Ich fühlte mich körperlich stark und gut wie lange nicht und so konnte und wollte ich mich auch bis zu meinen neu erworbenen Grenzen fordern. Ich mache noch einen Abstecher zu der Kirche, die etwas am Ortsrand steht. Sie ist leider verschlossen. Auch der Supermarkt daneben hat geschlossen. So kaufe ich mir in einer kleinen Bäckerei im Zentrum noch 2 Oranginas und ein Croissant. An einer alten Mühle vorbei wandernd setze ich meine Reise fort. Ich treffe heute unterwegs auf keinen anderen Pilger. Um ca. 17.30 erreiche ich mein Etappenziel. Als ich die Herberge betrete, ist bereits eine andere Pilgerin da. Sie ist sehr freundlich und kennt sich offenbar in der Herberge gut aus. Sie erzählt mir, dass sie schon einmal hier genächtigt habe und die beiden Besitzer der Herberge ein sehr zuvorkommendes, nettes Paar sei. 

Künstler-Atelier und Pilger-Herberge in
einem: Die Gîte Domaine des Chamois´
Kurz nachdem ich mich auf der Couch etwas ausgeruht hatte stand auf einmal eine wohlbekannte Person vor mir - Lisa war auf einmal wieder da. So weit und lange wie heute ist sie bestimmt noch nicht gelaufen. Sie hatte eigentlich in Chanaz einen Herbergsplatz reserviert, wollte dann aber doch noch lieber weiterlaufen. Man merkt, wie müde sie nach der heutigen Etappe war. Platz gibt es in der Herbere mehr als genug. Neben einem 4-Bettzimmer gibt es auch noch Schlafplätze in einem mit einer Leiter erreichbaren Platz direkt unter dem Dach. Da die ältere Pilgerin sich dort schon eingerichtet hatte, nehme ich einen Platz im Zimmer. Dort ist das Rauschen des Baches und die Mechanik des großen Holzrades zu hören - heute würde ich herrlich schlafen. Pasquale und Etienne kommen bald und heißen uns sehr herzlich willkommen. Etienne ist Künstler, die Herberge dient im auch als Atelier. Er malt und restauriert auch Bilder. Einige Bilder sind in dem Raum auch aufgehängt. Auch kirchliche Motive sind zu sehen - er restauriert gerade einige ikonenhafte Gemälde. Wir bekommen ein herrliches Menü serviert. Es gibt Kartoffelsuppe mit Baguette, Hühnchen mit Tomatenpasta, einen Käsegang, sowie Birnen in einer Art Sirup zum Dessert. Zu Trinken gibt es einen Rotwein aus der Region. im Hintergrund läuft Edith Piaf - viel mehr Frankreich geht wohl wirklich nicht mehr - und es ist wunderschön!

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