Samstag, 6. April 2013

Tag 6: Alpthal - Emmetten

Von Alpthal nach Emmetten
Distanz: 23,2 KM
Unterkunft in Emmetten: Hotel Engel (Massenlager)

Der Weg auf den Haggenegg (mit 1414 Metern
der höchste Punkt der Via Jacobi) führte über
eine Schipiste
Ich frühstücke mit Frau Schuler-Marty und ihrem Mann. Wir unterhalten uns sehr gut. Hauptsächlich über das Pilgern. Viele Pilger haben bereits unter ihrem Dach übernachtet. Nicht ohne Stolz holt sie ein Gästebuch hervor, wo sich der ein oder andere Pilger auch eingetragen hatte. Ab und zu bekam sie auch eine Postkarte, wenn sie in Santiago de Compostela oder am Kap Finisterre angekommen sind. Ich verspreche, ihnen auch eine Karte zu schicken, wenn ich es denn so weit schaffen würde. Ich hatte es in Finisterre dann auch tatsächlich nicht vergessen - sie schieb mir daraufhin auch eine nette Mail, in der sie sich dafür bedankte. Als ich das freundliche Haus verlasse, liegt ein Schwalbennest auf dem Boden - hoffentlich kein schlechtes Omen für meinen weiteren Weg. Ich hatte sehr gut und viele Stunden geschlafen - ich fühlte mich an jenem Tag richtig erholt. Nur meine gewaschenen Socken wollten nicht ganz trocken werden. Keine Fragen, meine Rohner-Socken sind super. Habe bis zum heutigen Tag noch keine einzige Blase gehabt. Sie halten bei den herrschenden kühlen Temperaturen auch wunderbar warm. Allerdings trocknen sie nicht ganz so schnell wie erhofft. Wahrscheinlich hätte ich am besten einfach ein drittes Paar mitnehmen sollen. Ich befolgte den Rat des Ehepaars Schuler-Marty und lief die Asphaltstraße in Richtung Hotel Brunni und weiter bis zum Gartenstübli. Von dort aus folgte ich den Liftstützen eines Schlepplifts. Der Betrieb des Liftes musste erst vor wenigen Tagen eingestellt worden sein. Bei geschlossener Schneedecke stapfte ich Schritt für Schritt bergauf. Der dichte Nebel ließ wenig Sicht zu. Vom Kleinen und Großen Mythen war dadurch natürlich nichts zu sehen. Ein Hinweisschild einer Sennerei ist gerade noch zu erkennen. Ich verlasse die Schleppliftspur und finde mehr schlecht als Recht einen kleinen Pfad bis zum auf 1414 Meter Höhe gelegenen Berggasthaus Haggenegg. Es ist der höchste Punkt auf der gesamten Via Jacobi. Es ist wie vermutet geschlossen. Die Wegweiser rund um das Haus sind völlig zugeschneit. Völlig undenkbar, dass dort jemand den originalen Weg in Richtung Schwyz gehen würde. Ich nehme die ebenfalls in die Ebene führende Asphaltstraße.

Das Kollegium Schwyz
Ich bin froh, als ich um Viertel nach elf den Weiler Ried mit seiner kleinen Kapelle erreiche. Ich bin somit wieder auf dem regulären und bezeichneten Weg. Nach ca. einer halben Stunde erreiche ich Schwyz. Ich besuche dort die Kirche St. Martin, wo auch ein Pilgerstempel aufliegt. Eine Schulklasse probt jedoch gerade einen kirchlichen Anlass - ich will nicht stören und verlasse das Gotteshaus schnell wieder. Gleich in der Nähe ist eine Kebab-Bude. Ich nehme zwischen Pfarrkirche und Heiligkreuzkapelle auf einer Parkbank Platz und esse zu Mittag. Es ist ein schöner Platz. Einige Schüler sind gerade auf dem Weg nach Hause - einer fragt mich, wohin ich denn gehen wolle. Ich sage "Bis zum Ende der Welt" - wir lachen beide. 

Die "Luzern" brachte mich nach Treib
Ich verlasse Schwyz recht schnell über Asphaltstraßen. ich passiere dabei auch das Firmengebäude von Victorinox (bekannt für die Herstellung der Schweizer Taschenmesser). Viele Kapellen liegen auf meinem weiteren Weg durch meist agrarisch genutzte Grünflächen. Auch die "Zahnwehkapelle", die mir noch am besten in Erinnerung blieb. Die Heilige Ottilie ist dort mit einer großen Zange samt Zahn dargestellt. In der Wendelinskapelle im Weiler Unterschönenbuch ist gerade der Messmer zugegen. Er ist sehr nett und erzählt mir von seinen umfangreichen Aufgaben. Er gibt mir eine kleine Führung. Als ich ihn nach einem Pilgerstempel frage, schüttelt er der Kopf. Er gibt mir aber einen kleinen Wendelin-Anhänger. Diese würden im nahegelegenen Kloster Ingenbohl hergestellt werden. Ich bedanke mich sehr für seine Zeit und den Anhänger, der mich von nun weg begleiten würde.

Der Weg zwischen Treib und Emmetten
Ich erreiche schnell das besagte große Kloster Ingenbohl und wandere weiter bis nach Brunnen. Ich hatte den Vierwaldstättersee erreicht. Der Jakobsweg-Wegweiser zeigte beim Schiffssteg direkt auf den See. Ich konsultierte meinen Führer - kein Zweifel - die kurze Strecke bis Treib ist mit dem Schiff zurückzulegen. Ich sah gerade ein Schiff ankommen. Auf Anfrage bei der Dame an der Kasse, stellte sich heraus, dass dies mein Schiff in Richtung Treib sei. Ich kaufte sogleich eine Karte und fand mich wenige Minuten später auf dem Deck des Schiffes "Luzern" wieder. Es war dies das einzige Mal auf dem Camino, dass ich - wenn auch nur eine kurze Distanz - eine Strecke nicht mit meinen Füßen zurückgelegt habe. Es ist dies auch die offizielle Variante der Via Jacobi. Würde man dies nicht machen, hätte man einen riesigen Umweg in Kauf zu nehmen. So genoss ich die 5-10 minütige Fahrt. Es war schön und ungewohnt Meter in sitzender Position absolvieren zu können. Zwischen Sunnwil und Sagendorf steht die Heiligkreuzkapelle. Dort ist, wie mit ein Sunnwiler voller Stolz erzählt eine bekannte Totentanz-Tafel ausgehängt. Natürlich besuche ich die Kapelle. Es geht weiter bis Emmetten, wo ich im Hotel Post um eine Pilgerunterkunft anfrage. Die Besitzerin meint, sie habe das Massenlager noch nicht hergerichtet ich könne es mir jedoch anschauen. Es ist einigermaßen kalt in dem Lager. Es ist jedoch nicht weniger ungemütlich als etwa das Massenlager in St. Peterzell. Ich willige ein und bekomme sogar noch einen Lufterwärmer. Ich esse im Hotel auch eine Kleinigkeit zu Abend und trinke einige Banaché (Radler).

Was mir am heutigen Tag sehr auffiel ist die Tatsache wie ernst mir am heutigen Tage die Menschen begegneten. Sowohl am Weg, als auch beim Abendessen im Restaurant entkam den Leuten kein Lächeln aus. Die Chefin des Hotels meinte, dass die Menschen schon lange keine Sonne mehr gesehen hätten, vielleicht sei das der Grund, warum sie so ernst seien.

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