Mittwoch, 10. April 2013

Tag 10: Interlaken - Amsoldingen

Von Interlaken nach Amsoldingen
Distanz: 36 KM
Unterkunft Amsoldingen: Dory und Markus Widmer

Der Weg aus Interlaken raus
Es geht mir körperlich wieder sehr gut am heutigen Tag. Auch meine Gedanken waren wieder heller als gestern. Leider gab es in der Jugendherberge keine geeigneten Möglichkeiten, gewaschene Kleidung aufzuhängen. So musste oder besser wollte ich diesmal darauf verzichten. Die Schmerzen scheinen jetzt endgültig vergangen zu sein. Ich konnte auch einigermaßen gut schlafen. Wie immer bis jetzt wachte ich von selber aus auf - der Wecker ist also bis dato gar nicht notwendig. Ich wusste dass ich zu einem späteren Zeitpunkt ohnedies von den vielen anderen Pilgern geweckt werden würde, die sicherlich auch in großer Zahl vor mir aufbrechen würden. In der Schweiz war ich sehr einsam unterwegs, da war ich mir nicht so sicher. Allerdings ging ich immer sehr früh ins Bett und so bestand die Gefahr nicht wirklich, zu verschlafen. Da die anderen beiden noch schlafen und ich sie nicht wecken will, verzichte ich auf das Zähneputzen, was mich eigentlich nervt. Ich war das erste Mal nicht alleine im Zimmer, ich hatte zugegebener Weise Angst davor, bestohlen zu werden. Diese Angst wurde, obwohl immer mehr Pilger meine Wege kreuzten, immer weniger - irgendwann konnte ich meine Ängste fallen lassen und war nur noch Mensch. Das einzige, um was es mir wirklich sehr leid getan hätte, wenn ich es nicht mehr hätte, wären meine Kamera - Speicherkarten. Die Erinnerungen meines Camino möchte ich fest bei mir behalten, denn irgendwann werde ich nur noch ungläubig auf diese Zeit, diesen meinen Camino zurückblicken und in Erinnerungen versinken. Die Fotos sollen mir, ebenso wie die Tagebücher helfen mich zu erinnern. Heute, am 2. Dezember, also rund 8 Monate nachdem ich von Interlaken aus aufbrach, konnte ich wieder ausgearbeitete Fotos vom Camino abholen. Ich liebe die Bilder, betrachte sie auch jetzt noch, so gut wie jeden Tag und freue mich. Ich freue mich, dass ich diesen einzigartigen Weg gehen konnte, diese elementare Erfahrung machen konnte.
 
Ich bin froh, dass ich den Weg nach Thun auf mich genommen hatte, es ist eine wunderbare Stadt. Nur der Panoramablick auf den Schlossberg ist leider durch die Anwesenheit eines roten Kranes etwas beeinträchtigt. Ich finde neben dem Bahnhof im Zentrum der Garnisonsstadt ein kleines Café. Ich bestelle einen Eiskaffee, bevor ich mich dann wieder weiter nach Amsoldingen machen will. Kurz nach Thun passiere ich die bekannte Kirche in Scherzligen. In der über 1000-Jahre alten Kirche liegt auch ein Pilgerstempel auf. Die Kirche soll aufgrund des fantastischen Blickes auf Eiger, Mönch und Jungfrau eine beliebte Hochzeitskirche sein. Eine Schulklasse besichtigt gerade die Kirche, sodass ich nicht lange bleiben will. Ich laufe weiter und passiere den herrlichen Schadaupark samt Schloss. Zahlreiche Menschen tummeln sich an jenem weitestgehend sonnigen Tag im Park und in der Umgebung. Der See ist wirklich malerisch schön. Ich laufe an den Sportanlagen vorbei, wo sich gerade 2 Jugendmannschaften gegenüberstehen. Als Nachwuchstrainer interessiert mich das Spiel und ich schaue einige Minuten zu. Das Niveau der Jungs ist sehr gut.
 
Heute hat sich gezeigt, dass man dem Führer nur bedingt trauen kann. Nur eine der angegebenen Herbergsadressen war noch gültig. Umso größer war meine Freude dann, als ich doch noch irgendwo unterkommen konnte.
 
Mystische Stimmung kurz vor Amsoldingen
Mit 36 Kilometern ging ich heute die mit Abstand längste Etappe bis jetzt, Als ich um kurz nach 18 Uhr in meiner heutigen Herberge in Amsoldingen ankomme, bin ich fix und fertig. Leider gibt es in Amsoldingen bis auf das Gasthaus "Kreuz", das am heutigen Tag geschlossen ist, keine gastronomische Infrastruktur. Ich esse eine Birne und ein paar Riegel zu Abend. Nach dem heutigen Pensum sicher nicht optimal, aber besser als nichts. Heute habe ich erstmals einen Fernseher vor mir. Es ist eine gute Zerstreuung. Ein Champions-League-Spiel wird übertragen. Die erste Hälfte schaffe ich, dann bin ich müde und falle in einen tiefen Schlaf. Ich habe ein super Doppelbett für mich allein und fühl mich sehr wohl.

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