Dienstag, 2. April 2013

Tag 2: Appenzell - St. Peterzell

Von Appenzell nach St. Peterzell
Distanz: 24,2 KM
Unterkunft St. Peterzell: Gasthaus Hörnli (Massenlager)

Plakatwand kurz nach Appenzell
Ich wache auf. Das Ziffernbild meiner Uhr verrät mir, dass es erst 05:00 ist. Ich kenne mich anfangs erst gar nicht aus - wo bin ich? Ich bleib noch bis 6 Uhr liegen. Ich spüre meinen Körper  - vor allem meine Schultern tun weh. Nach dem Waschen zieh ich mich an. Der Rucksack wird gepackt, frisches Wasser in die Flaschen gefüllt. Die gestern noch gewaschene Wäsche sollte nicht völlig getrocknet worden sein. Es sollte von nun an jeden Tag ca. derselbe Ablauf sein. Erst langsam wurde ich mit meinen Bewegungen früh morgens etwas flinker und konnte so doch einiges an Zeit sparen. Ich versuchte stets zwischen 7 und 7:30 zu frühstücken und mich dann anschließend umgehend wieder auf den Weg zu machen. Die Stunden am Vormittag vergingen mir immer irgendwie schneller und leichter von der Hand, als am Nachmittag. 

Das Kurhaus Jakobsbad
Als ich das große Refektorium betrete, werde ich bereits erwartet. Margrit ist auch wieder da. Lachend übergibt sie mir einen kleinen Plastikgegenstand. Das Schweizer Wappen ist darauf abgebildet. Ich brauche eine Zeit lang, um den Gegenstand als Mini-Wecker zu identifizieren. Sie meint, ich solle ihr ihn einfach nach meiner Pilgerreise im Sommer zurückgeben. Ich bin sehr dankbar für ihre Freundlichkeit. Speziell zu Beginn meiner Pilgerreise ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass ich alleine übernachten werde, da wäre die Chance des Verschlafens durchaus gegeben gewesen. Nun bin ich dagegen gewappnet. Wir frühstücken gemeinsam. Beinahe hätte ich vor lauter Hunger bereits ein Brötchen in die Hand genommen, da wird das obligatorische Tischgebet angestimmt. Wie konnte ich an diesem Ort darauf vergessen? Auch ein Bekannter des Verwalterehepaares ist beim Frühstück zugegen. Er lädt mich spontan ein, in seiner Tischlerei am Stadtrand von Appenzell auf einen Tee vorbeizukommen. Der Betrieb liege auch auf meinem Wege. Ich bedanke mich für seine Freundlichkeit, lehne dann aber ab, da ich doch nicht nach bereits einer Viertelstunde schon meine erste Pause machen könne. Er versteht das natürlich und gibt mir recht. Am Ende wird mir noch stolz der schöne, rote Pilgerstempel des Klosters ins Credential gestempelt. Ich verabschiede mich von meinen Gastgebern und mache mich auf den Weg stadtauswärts. Von der Sonne ist nichts zu sehen, der Himmel hat richtig "zu" gemacht. Immerhin kein Regen, denk ich mir und gehe frohen Mutes weiter. 

Noch recht winterlicher Wanderweg
Fast keine Menschen sollten mir auf meiner heutigen Etappe begegnen. Es sind weitestgehend schöne Wege fernab von Städten und Siedlungen, die ich heute begehen kann. Über das Gontenbad erreiche ich bald ein malerisches Moor-Naturschutzgebiet. Reiher, Störche, Enten und anderes Getier sollten mir dort begegnen. Den Barfußweg konnte ich zu meinem Bedauern leider nicht bar meiner Schuhe betreten. Ich passiere das schöne Jakobsbad und das Kapuzinerinnenkloster "Leiden Christi". Dort soll es im übrigen sehr gute, selbstgebrannte Kräuterschnäpse geben. Ich betrete den Besinnungsweg, der vom Kloster aus startet. Teils auf Asphalt, teils durch recht tiefen Schnee watend mache ich einige Höhenmeter. Ich passiere auch zahlreiche Waldstücke. Zum ersten Mal in meinem Leben begegnet mir in freier Wildbahn ein Fuchs! Nur wenige Menschen begingen in der jüngeren Vergangenheit diese Wege und Pfade. Nur einzelne Fußspuren waren im Schnee zu erkennen. Über Studen und dem Chräghof gelangte ich nach Urnäsch. Nach einer kurzen Mittagsrast ging ich rasch weiter. Bis zur Folenweid sollten laut Führer doch noch einige Höhenmeter zu bewältigen sein. Ich sollte schnurstracks in die falsche Richtung laufen. Ein netter Eidgenosse half mir gerne wieder auf den rechten Weg zu kommen. Mit seinem Auto brachte er mich zu jenem Ort, an dem ich falsch abgebogen war. Er hätte mich gerne noch ein Stück weiter mitgenommen - dies wollte ich aber nicht. Es ging steil einen Berg hinauf bis nach Tüfenberg. Ich war umzwingelt von Schneefeldern. Über schmale Pfade kam ich nur sehr langsam voran. Dichte Nebelschwaden umgaben mich auf der Fohlenweid. Eine herrliche Einsamkeit umgab mich dort. 

Idyllischer Platz am "Barfußweg"
In wärmeren Jahreszeiten muss dieser Ort wunderschön sein. Auch jetzt ist er wunderschön, nur eben anders schön. Aufgrund des zahlreichen Schnees, kam ich nur sehr langsam voran. Ich war sehr froh, als ich um ca. 17:00 endlich St. Peterzell erreichen konnte. Der mächtige Turm der evangelischen Kirche grüßte schon von Weitem. Ich war ein wenig nervös, hatte ich diesmal doch erstmals kein Nachtquartier reserviert. Ich ging zum Pfarramt der katholischen Kirche. Dort sollte laut meinem Führer ein Pilgerquartier zu bekommen sein. Leider stand ich vor verschlossenen Türen. Keine Menschenseele war zu sehen. So ging ich zum Gasthaus Hörnli, dass sich etwa 10 Gehminuten vom Zentrum befindet. Laut meinem Pilgerherbergsausdruck der Jakobusgemeinschaft sollte ich dort in einem Massenlager unterkommen können. Der Wirt meinte auf meine Anfrage sogleich, dass er das Massenlager noch nicht hergerichtet hätte, da es noch zu kalt sein würde. Ich könne es aber vorab besichtigen und auch dort nächtigen, falls es mir zusagen würde. Die Zimmer im Gasthaus waren mir zu teuer. Im Lager war es sehr kalt und ungemütlich. Ich hatte aber einen guten Schlafsack bei mir und so entschied ich mich für die billigere Variante. Ich aß im Gasthaus zu Abend (Sennerrösti) und trank 2 Bier. Der Tag hatte mich ob der vielen Höhenmeter und den Wegbegebenheiten mit dem Schnee sehr angestrengt.

Schönes Haus in St. Peterzell
Zum Pilgerstempel in St. Peterzell eine kurze Vorschau: auch am folgenden Tag sollte ich beinahe verzweifelt eine ganze Zeit vor der Türe des Pfarrbüros vergeblich darauf warten, dass mir jemand die Türe öffnen würde. Hier würde ich also keinen Stempel bekommen. Ich weiß mir in diesem Moment keinen Rat und so gehe in zunächst in das kleine Geschäft auf der anderen Straßenseite. Ich decke mich mit Eistee und Brot und Trockenfrüchten ein. An der Kassa angekommen frage ich nach den Öffnungszeiten des Pfarrbüros, worauf mir die Angestellte nur achselzuckend die Antwort gab, dass sie die leider nicht wisse. Ich erkläre ihr, dass ich Pilger auf der Via Jacobi sei und für mein Credential den täglichen Stempel begehre. Da holt sie unter ihrem Kassatisch einen Stempel samt Kissen hervor und strahlt mich an. Es ist sogar der offizielle Kirchenstempel. Scheinbar wurde hier bereits auf die Situation des wohl öfter verwaisten Pfarrbüros reagiert und eine „kunden- soll heißen pilgerfreundliche“ Lösung gefunden.

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