Mittwoch, 29. Mai 2013

Tag 59: Villafranca Montes de Oca - Burgos

Von Villafranca Montes de Oca nach Burgos
Distanz: 40,4 KM
Unterkunft Burgos: Casa de Cubos

Stimmungsvoller Camino kurz nach Villafranca Montes de
Oca
Als ich mich auf den Weg mache, sind einige bereits vor mir aufgebrochen. Das Wetter ist heute sehr wechselhaft, es regnet aber nicht. Ab und zu durchdringen auch ein paar Sonnenstrahlen die dichte, dunkle Wolkendecke. Lebhafter Wind zieht auf. Meine Fließmütze tut mir gute Dienste. Die "Gänseberge" stehen heute auch auf dem Programm. Früher mussten sich die Pilger dort angeblich sehr vor Räubern und Banditen fürchten. Heute ist alles sehr friedlich, ich bin weitestgehend alleine unterwegs. Der Weg nach San Juan de Ortega ist wunderschön. Ich überhole auch eine Schulklasse. Der Bayer Franz ist mir immer wieder "auf den Fersen". Ich gebe zu, es ist ein unangenehmes Gefühl, von jemandem "getrieben" zu werden. Ich denke, er wollte mir nach dem gestrigen Tag einfach beweisen, wie schnell er doch sein kann.

Das Grabmal San Juans, einem großen
Förderer des Jakobsweges
Nachdem ich die Iglesia Monacal (die ehemalige Klosterkirche) mit den Überresten des Heiligen San Juan besuchte, verliert sich jedoch seine Spur - ich werde ihn auf meinem weiteren Camino nicht mehr wiedersehen. Der gotische Baldachin in der Kirche ist sehr beeindruckend. Ich bin ganz alleine im Gotteshaus, die Stimmung ist schön, ganz speziell. Ich will heute noch Burgos erreichen, nach Pamplona die 2. große Stadt auf dem Camino, so mache ich mich sogleich wieder auf meinen Weg. Ich mochte die großen Städte eigentlich nicht. Die vielen Menschen waren mir schrecklich. Auch sammelten sich dort besonders viele Pilger. Verkehrstechnisch günstig würden dort viele Peregrinos ihren Weg starten. Gut 500 Kilometer sind es von Burgos noch bis Santiago. In 2 Wochen wäre diese Strecke durchaus zu schaffen. Es ist merkwürdig, wie wenigen Pilgern ich bis Burgos begegne, es waren doch einige in meiner Herberge untergebracht. Zudem gab es in Villafranca ja auch noch eine 2. Unterkunft. Ich genoss die Einsamkeit auf den famos schönen Wegen jedoch umso mehr. Mit Handschuhen und Fließkappe ausgerüstet kam ich sehr gut voran. Das kräftigende Essen gestern tat mir sichtlich gut. Ich gebe zu, ab und an auch selber erstaunt zu sein, wieviel ich inzwischen verdrücken kann. Dann denk ich mir aber, dass es kein Fehler sein kann, viel zu essen, wenn man großen Hunger hat. Ich laufe ja auch einiges an Kilometern und muss dem Körper auch was dafür zurückgeben. Ich passiere die archäologische Grabungsstätte Atapuerca. Große Hinweisschilder machen darauf aufmerksam. Ich habe aber überhaupt keine Lust, mich damit zu beschäftigen, schließlich wollte ich ja heute noch bis nach Burgos kommen und das sollten noch gute 4 Stunden Marschzeit sein. Um kurz nach 10 geht es weiter.
 
Der Camino kurz nach San Juan de Ortega
1 Radler und 1 Stück Tunfischpizza gab es, als ich in Cardeñuela Riopico in einer kleinen Bodega einen Rast einlege. Was danach kam, kann nur mit furchtbar beschrieben werden. Über das großangelegte Industriegebiet läuft man entlang einer stinkenden, vielbefahrenen Straße in Richtung Burgos. Dies war vielleicht der schlimmste Etappenteil auf meinem ganzen Camino, fast noch trostloser als mein Einmarsch in Genf. Man will diesen Teil einfach nur so schnell als möglich hinter sich bringen. Ich las vor und nach meinem Camino des Öfteren, dass manche die Öffis verwenden, um ins Zentrum zu gelangen. Ich wollte aber wirklich jeden Kilometer tatsächlich gelaufen sein. Wenn man solche Strecken erleben muss, freut man sich dann umso mehr wieder auf die ruhigeren, einsameren Etappen, die sicher wieder kommen werden.
 
Am 59. Tag meines Caminos hatte ich
die Catedral de Santa Maria in Burgos
erreicht
Ich bin froh, gleich zur riesigen Herberge gelaufen zu sein, als ich gegen 16 Uhr in Burgos ankomme, denn der Andrang dort war sehr groß. Als ich den Schlafsaal betrete, sind schon fast alle Bette belegt. Zu meiner großen Überraschung stehen auf einmal auch die beiden sehr beleibten Spanier von gestern vor mir. Es ist eigentlich nicht wirklich möglich, dass sie so schnell die selbe Distanz zurückgelegt haben sollen, wie ich. Sollten sie die gut 40 Kilometer wirklich gelaufen sein, ziehe ich meinen Hut. Ich laufe durch die Stadt und suche ein Pilgermenü als Abendessen. Schließlich lande ich im Restaurant "El Cid". Das Essen ist ok, aber nichts besonderes. Die Tische sind leider so gestaltet, dass man sehr für sich alleine sein muss. Am Nachbartisch höre ich 2 Pilgerinnen reden. Als ich ihnen meine nicht einmal zur Hälfte ausgetrunkenen Rotweinflasche auf den Tisch stelle, freuen sie sich. Man bekommt, auch wenn man alleine am Tisch sitzt, zum Pilgermenü stets eine ganze Flasche vom Hauswein. Heute hätte ich ob der vielen Pilger in meinem Herbergszimmer wohl doch ein wenig mehr trinken sollen. Vor allem, da ja die Spanier von gestern auch heute Nacht sicher wieder neben/über/unter mir "sägen" würden..

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