Freitag, 24. Mai 2013

Tag 54: Trinidad de Arre - Puente la Reina

Von Trinidad de Arre nach Puente la Reina
Distanz: 28,2 KM
Unterkunft Puente la Reina: Padres Reparadores



Das Rathaus in Pamplona
Ich laufe mit der Australisch-Britischen Truppe in Richtung Pamplona. Sie sind alle sehr positiv drauf und ich lass mich mit ihnen treiben. Erst später bekomme ich mit, dass für das englische Ehepaar der Camino in Pamplona endet. Sie sind den Camino schon gelaufen, nurmehr eine Etappe hat ihnen gefehlt. Sie laufen alle recht unterschiedlich schnell, die beiden Australierinnen lassen sich deutlich mehr Zeit als die anderen. So um 09:30 erreichen wir die prachtvolle Stadt. Die Hauptstadt Navarras hat knapp 200.000 Einwohner. Über die Puente de la Magdalena und das Frankentor erreichen wir das Stadtzentrum. Im bekannten Café Iruna lassen wir uns nieder und trinken Kaffee. Es ist ein herrlicher Tag heute. Das Bummeln stört mich deswegen nicht im geringsten. Ich verabschiede mich dann aber von allen. Auch wenn Keryn noch das Ziel Santiago hat, so ist es unwahrscheinlich, dass wir uns noch einmal sehen werden. Tempo und Laufleistungen sind zu unterschiedlich.
Ich kaufe noch Proviant für den heutigen Tag und Postkarten, die ich heute Abend in der Herberge schreiben möchte. Der Auszug aus Pamplona zieht sich ziemlich, immer wieder überhole ich Pilger. Ich hatte Pamplona gesehen, war zwar von der Schönheit der Stadt durchaus überzeugt, wollte aber dem Rummel wieder entgehen. ich musste raus aus der Stadt.

Durch das Portal de la Taconera verlasse
ich Pamplona
Ich hatte meine neue Kamera in Pamplona ziemlich auf Zack gehalten, blöderweise ging mir kurz danach der Saft aus. Bei meiner von zu Hause mitgenommenen Kamera hatte ich an einen Ersatz-Akku gedacht. Nun musste ich mit einem auskommen lernen. Es waren wunderbare Passagen am heutige dabei. Besonders die Landschaft vor und nach dem Alto del Perdón mit seinen berühmten Pilgerfiguren war wunderbar. Kurz vor dem Alto liegt am Hang gelegen noch das Dorf Zariquiegui. Dort finde ich eine kleine Bodega, wo ich Café, Cola und ein Croissant bestellt. Zudem gibt es einige freie Steckdosen, um meinen Fotoapparat-Akku wieder aufzuladen. Eine ältere Deutsche Dame setzt sich neben mich. Sie erzählt mir, dass sie unter dem "Burnout"-Syndrom leider würde. Man hört den Begriff heute beinahe täglich, sodass ich nicht weiß, ob sie die Krankheit selbst diagnostiziert hat oder doch ein Fachmann ihr dies attestierte. Wenn man unter dieser Krankheit leider, so ist der Camino ganz bestimmt eine sehr gute Therapie. Der simple Tagesablauf, die Selbstbestimmtheit wie weit man am Tag gehen will, man muss sich nur auf sich selber konzentrieren.

Auf dem Alto del Perdón
Kurz vor dem Alto del Perdón treffe ich auf ein bekanntes Gesicht. Daniel hat mich eingeholt. Der 17-jährige Eidgenosse hat Probleme mit seinem Knie, kämpft sich aber tapfer durch. Wir laufen gemeinsam zum höchsten Punkt, als abermals ein bekanntes Gesicht vor mir steht. Attila macht auf dem Alto gerade Pause. Da er keine Kamera bei sich hat, fotografiere ich den stolzen Ungarn vor den Pilgerstatuen. Ein Verkäufer bietet Getränke und Obst zum Verkauf an. ich lade die anderen beiden auf ein Getränk ein. Zusammen marschieren wir den von zahlreichen Windrädern verzierten Alto hinab. Der mit sicherlich landschaftlich schönste Abschnitt des Camino sollte nun folgen. Bis nach Puente la Reina waren wir ganz alleine auf wunderschönen Feld- und Wanderwegen unterwegs.

Die Iglesia de Santa Maria de Eunate
Die Knieschmerzen zwingen Daniel, bereits in Uterga Halt zu machen. Ich bin mir sicher, wir werden uns noch einmal irgendwo treffen, ganz unverhofft. Das sollte aber nicht mehr passieren. Ich war sehr dankbar, Daniel getroffen zu haben. Wie kamen gemeinsam in St. Jean an und überquerten zusammen bei Nebel und Regen die Pyrenäen. Danke Daniel! Mit Attila gemeinsam ging es bis zur berühmten achteckigen Iglesia de Santa Maria de Eunate. Es ist ein Umweg, keine Frage. Aber einer der sich sehr lohnt. Über riedähnliche Landschaft geht es schön bis zu dem kleinen Kirchlein, dass eine ganz besondere Ausstrahlung zu haben scheint. Als wir hineingehen, beten gerade 2 Einheimische frenetische Stoßgebete in Richtung Himmel, weshalb wir nur wenige Minuten verweilen wollen. Wir laufen weiter bis nach Obanos, wo sich unser  navarrische Camino mit jenem vom Somportpass (Camino Aragonés) vereinigt. Es ist relativ heiß, die Sonne scheint heute erbarmungslos herunter. Wir sind sichtlich motiviert, in Puente la Reina anzukommen.

Blick aus dem Herbergs-Fenster auf
die Iglesia del Crucifijo
Kurz nach 18 Uhr erreichen wir die kleine Gemeinde.
Wir bekommen zum Glück gleich in der ersten Herberge einen Schlafplatz. Zuerst sind wir nur zu 2. im Zimmer, später füllt es sich aber (leider) und auf einmal bevölkern 8 Pilger (die meisten waren Radpilger) den kleinen Raum. Es waren auch sehr wohlbeleibte Spanier darunter, es könnte laut werden heute Nacht. Einer schlief über mir. Wenn er neben dem Stockbett stand, war es fast unmöglich, seinem großen Bauch zu entfliehen. Wenn er mit seinen sicher gut und gerne 120 Kilogramm durch das Bett durchbrechen auf mich fallen würde, wäre es um mich geschehen, so viel ist sicher. Auch ein älterer Holländer ist bei uns im Zimmer. Es ist Theo, der mit dem Rad von zu Hause in die Niederlanden bis nach Santiago fahren will. Attila und ich nehmen ihn mit zum Abendessen. Nachdem wir in einer Bodega minutenlang erfolgreich ignoriert werden, suchen wir uns ein anderes Restaurant. Ein Einheimischer gibt uns einen guten Tipp und wir essen ausgezeichnet. In der Herberge schreibe ich noch in mein Tagebuch und die in Pamplona gekauften Karten. Leider setze ich mich mit meinem Wunsch, das Fenster über nach zu öffnen, nicht durch. Dementsprechend schlecht war die Luft in dem kleinen Raum dann auch. Ein italienischer Pilger suchte zu später Stunde zu allem Überfluss noch seine Kamera, war felsenfest überzeugt, dass er bestohlen wurde, ehe er sie - welch großartiges Wunder! - in einer seiner schmutzigen Fahrradtaschen sicher verstaut doch noch fand. Die ganze Aufregung umsonst, 7 Leute umsonst des Diebstahls verdächtigt und am Ende waren doch alle froh, dass er nun endlich Ruhe gab. Die Radpilger waren überhaupt äußerst dreckig. Sowohl sie selber als auch deren Utensilien. Es hatte heute Morgen noch leicht geregnet, der Matsch war überall zu sehen. Mit der Hoffnung, dass das Stockbett den gewaltigen Lasten der heutigen Nacht nicht nachgeben möge, schlafe ich schließlich ein.

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