Sonntag, 19. Mai 2013

Tag 49: Argagnon - Aroue

Von Argagnon nach Aroue
Distanz: 43,3 KM
Unterkunft Aroue: La Ferme de Bohateguia

Eines der letzten Bilder meiner Kamera
Meine Kamera ist kaputt. Ich hatte es gestern befürchtet - es war einfach zu feucht. Ich wollte trotz des Wetters nicht auf das Fotografieren verzichten. Es ist dazu Sonntag Morgen, ein Ersatz wird daher frühestens morgen zu erwerben sein. Wahrscheinlich jedoch erst übermorgen in St. Jean Pied de Port, der nächsten größeren Stadt auf meinem Weg. Es ist kein gutes Gefühl, keine Fotos machen zu können. Ich versuchte noch 1, 2 Mal ein Foto zu machen, allerdings ohne Gewissheit, dass es funktioniert hatte. Die Kamera reagierte auch völlig verrückt blitzte mehrmals, fuhr mehrmals ein und aus. Erst nach meiner Rückkehr in Feldkirch erkannte ich, dass es doch 1, 2 Bilder gab. Nach einem einfachen Frühstück wollte ich die Herberge schnell verlassen. Das Wetter war heute weder schön noch übermäßig regnerisch - durchwachsen trifft es wohl am besten. Ich war sehr froh, dass die Kleidung gestern gewaschen und getrocknet wurde. Allerdings "verlor" ich dadurch eines meiner beiden Leibchen. Beim Packen des Rucksacks fiel es mir nicht auf. Ich weiß nicht, ob es jemand anders brauchen konnte oder ich es einfach wirklich vergaß. Ich hätte schlichtweg besser darauf achten müssen.
 
Ich erinnere mich auch daran, dass ich heute meine letzten Isostar-Riegel aufaß. Meine Freunde gaben mir in Feldkirch eine Hand voll wichtiger Sachen mit, Riegel waren auch dabei. Ich schleppte diesen Riegel also über 49 Tage durch die ganze Schweiz und fast durch ganz Frankreich, bevor er seinen Zweck erfüllen konnte. Meine Freunde waren mir in diesem Moment sehr nah. Ich war unendlich froh um diesen Riegel, fand ich unterwegs doch keine Möglichkeit zum Einkauf. Unterwegs kam ich auch an einer Gité vorbei, deren Hospitaleropaar mir sofort Wasser brachte. Sie waren sehr freundlich und freuten sich sichtlich über eine kleine Unterhaltung. Ich glaube, dass es die Herberge in Bugnein war, bin mir aber nicht sicher, da ich ja keine Kamera mehr hatte und somit auch keine Uhrzeit, wann ich wo genau war. Der Camino war auf dieser Etappe wunderschön und einsam, trotz des mäßigen Wetters. Ich weiß noch, dass ich viele landwirtschaftliche Flächen durchquerte. Regenwasser war auf den landwirtschaftlichen Wegen und somit auch auf dem Camino liegen geblieben, ich musste öfters überlegen, wo ich wie weitergehen sollte.
 
Der Gave de Pau führte heute viel Wasser mit sich
Als ich die Herberge erreiche, sitzen bereits alle Pilger bei Tisch, der Aperitif wird gerade serviert. Ich nehme - auch aus Rücksicht vor all den anderen Pilgern - zunächst noch eine Dusche und ziehe mich um. Die Hospitalera ist sehr freundlich. Ich bekomme meinen Platz an der Tafel zugewiesen - es ist der letzte freie Platz - die Herberge scheint also voll zu sein. Die Herberge kostet heute inkl. Halbpension 30 €, ein sehr fairer Preis. Das Essen ist sehr gut. Es gibt Gemüsesuppe, Eine Art Paprika-Rollschinken mit Eierspätzle, einen Käse-Gang mit zweierlei Sorten Käse und zum Dessert eine Dreiervariation. Die Menschen an meinem Tisch (ein Australisches Paar und viele Franzosen) sind sehr nett. Neben einem Schweizer, den ich morgen besser kennenlernen sollte, bin ich der jüngste Pilger am Tisch. Es sind jeden Tag die selben Fragen und Gespräche die sich auftun. Ich antworte auch ehrlicherweise, wo ich heute gestartet bin, bzw. von wo aus ich meine ganze Reise startete. Die meisten können es nicht glauben, ich wahrscheinlich genau so wenig.
 
Ich schreibe im Aufenthaltsraum noch mein Tagebuch und trinke, 1 oder 2 Banaché. Es setzen sich andere Pilger aus der Schweiz und Deutschland dazu, die mich in dem Moment jedoch nicht wirklich interessieren. Wir waren nicht auf derselben Wellenlänge. Als ich fertig geschrieben hatte, waren alle anderen bereits in ihren Betten und schliefen. Viele waren wirklich sehr müde. Ich versuchte leise zu sein. Eigentlich wollte ich nicht rücksichtslos sein, heute gelang mir das wohl nicht so ganz. Mit dem MP3-Player im Ohr schlief ich ein.
Ich war heute den ganzen Tag schmerzfrei - was für ein tolles Gefühl! Am Abend stellte ich fest, dass ich mein 2. Leibchen in der Herberge vergessen haben musste - es war nicht mehr da. Nach meiner Wäscheleine in St. Peterzell mein 2. materieller Aderlass. In St. Jean sollte dann wohl ein Ersatz zu finden sein.

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