Freitag, 10. Mai 2013

Tag 40: Ferme de Trigodina - Lauzerte

Von Ferme de Trigodina nach Lauzerte
Distanz: 33,5 KM
Unterkunft Lauzerte: Gîte "Les Figuiers"

 
Mystische Stimmung kurz nach dem Aufbruch
Der Regen ist vorbei, als ich in dem kleinen blauen Zelt aufwache. Es war herrlich, mit dem Trommelgeräusch des Regens einschlafen zu können. Ein weiterer jener Morgen, an dem ich zuerst darüber nachdenken muss, wo ich denn gerade bin. Wahnsinn - bereits 40 Tage bin ich schon unterwegs. Rund die Hälfte meiner Kilometer müssten nun bereits hinter mir liegen. Ich weiß gar nicht genau, wo die Hälfte meines Weges genau liegen würde. Ich merke aber, dass mein Körper immer stärker wird. Auch längere Distanzen machen mir nichts mehr aus. Ich hatte gestern vergessen, den äußeren Reißverschluss des Zeltes zu zumachen - die Folge war, dass es sich einige Schnecken im Vorraum des Zeltes gemütlich gemacht hatten. Ich packe meine Sachen, freu mich über den nachgelassenen Regen und mach mich sogleich wieder auf meinen Weg. Ich war sehr froh, nicht im schönen Cahors geblieben zu sein. Die geschäftige Stadt war nicht (mehr) meines. Ich genieße es, in der Natur die ersten Schritte gehen zu können und nicht auf einem Stadtasphalt. Dichter Nebel versperrte den Sonnenstrahlen noch den Weg. Auch Wolken zogen über mir vorbei. Die Stimmung an jenem Vormittag war sehr speziell und wunderschön. Ich hatte mir Lauzerte als Ziel der heutigen Etappe vorgenommen. Gut 33 Kilometer sollten mittlerweile ohne größere Probleme zu schaffen sein. Lascabanes war sehr schnell erreicht. Leider gab es dort kein Geschäft, in dem ich mein Frühstück, bzw. Proviant hätte kaufen können.
 
Die Kirche in Montcuq
Montcuq hat mir auf Anhieb gefallen. Eine Französin sollte mir später erzählen, dass der Name übersetzt so viel wie "mein Hintern" heißt. Ich finde den Ort dennoch sehr schön. Um Viertel vor Zwölf erreichte ich den kleinen Ort. Im Café de France ließ ich es mir bei Kaffee, Orangina und einem Kuchen gut gehen. Sogar eine "Times" war auf einem Tisch aufgelegt. Ich erfahre das Sir Alex Ferguson Manchester United als Trainer verlassen wird. Ich bin so weit weg von solchen Dingen, als Fußball-Fan macht es mich dennoch kurz betroffen. Ich mag ihn! Die Tische im Café gegenüber wären in der Sonne gewesen, es war aber kein Platz mehr frei. Es waren rein vom Outfit her jedoch sehr wenige Pilger darunter. Nach 40 Tagen musste ich heute auch zur Erkenntnis gelangen: es geht nicht mehr! Meine Haare sind definitiv zu lange geworden. So suche ich nach einem Friseur. Und tatsächlich nimmt mich einer gleich dran. Er hatte wohl Mitleid mit einem verwahrlosten Pilger :-) Ich wollte die Haare wieder ganz kurz haben. Und was soll ich sagen - ich fühlte mich danach wieder wunderschön. Wenn Dir ein französischer Coiffeur noch nicht die Haare geschnitten hast, ja dann hast Du noch nicht gelebt :-) Auch wenn ich in "göttlicher Mission" unterwegs war - es sprach ja nichts dagegen, gut auszusehen - oder zumindest nicht verwahrlost. Ein erstes Kompliment kommt sofort - denn danach treffe ich noch die beiden nervigen Deutschen Frauen von gestern. Sie müssen recht früh heute Morgen losgelaufen sein. Ich telefoniere mit dem Handy einer der beiden, um ihnen für morgen eine Herberge zu reservieren.
 
Die Eglise de Rouillac
Ich mach mich schnell wieder auf den Weg. In einem kleinen Laden bekomme ich noch Proviant und erfrage gleich, wo denn der Camino weiterführen würde. Der Besitzer des Ladens schickt mich zurück zur Kirche, welche sich am Ortsanfang, am Rand des Dorfes befindet. Und tatsächlich, der Weg wird wieder gefunden. Das Zentrum hätte also - wenn man es eilig hat - gar nicht betreten werden müssen. Gestärkt mach ich mich wieder auf den Camino. Rund 14-15 Kilometer und rund 3,5 Stunden sollten es noch bis Lauzerte sein. Der Weg setzt genau so schön fort wie zu Beginn der Etappe. Weite Landschaften mit sattem Grün und verlassen wirkende Pfade und Wege - Ein Traum. Ein besonderer Ort war dann noch die Eglise de Rouillac. Dort waren dann auch noch einige Pilger, welche die Kirche besichtigten.

"Nur" noch 1138 Kilometer bis Santiago
Die Elsässer sind auch auf einmal wieder da. Vor 3 Tagen lernte ich sie im Garten der Herberge von La Cassagnole kennen. Ich halte es eigentlich für unmöglich, dass sie dieselbe Strecke in derselben Zeit geschafft haben sollen. Sie erwähnen dann auch kurz, dass sie irgendwo mit Öffis abgekürzt haben. Ich freue mich dennoch, bekannte Gesichter zu sehen und so setzen wir uns beim Abendessen nebeneinander. Die Halbpension kostet diesmal 40 €. Es gibt heute beim Abendessen eine Maissuppe, eine Art Lauch-Quiche, grünen Salat, Würste mit Feigen, zweierlei Käse und zum Dessert Erdbeeren.  Eine bunte Runde an Nationalitäten war auf meiner Seite der "Tafel": Franzosen, ein Deutscher, Ein Kanadier, Ein US-Amerikaner und eben ich. Ich bin froh, ein paar Brocken Französisch zu können, ansonsten wäre der Abend wohl sehr mühsam geworden. Die Menschen sind heute sehr nett. Nur die Elsässer verbreiten Stress, weil sie bereits für den morgigen Tag 4 Schlafplätze zu reservieren versuchen. Eigentlich versuchte ich stets, mich nicht von so einer "Nervlerei" anstecken zu lassen und meinem Freiheitsgefühl folgend auch weiterhin nicht planen bzw. reservieren zu wollen. Diesmal gelang es mir nicht - ich suchte eine Telefonzelle im Zentrum Lauzertes auf, wo ich zu meinem Glück in Pugnal sogleich ein Bett reserviert bekam. Ein Augsburger Pilger, der jedes Jahr 1 bis 2 Wochen pilgert, redet mich nach dem Abendessen an. Er hat mitbekommen, dass ich deutschsprachig bin. Wir trinken vor dem Schlafengehen noch 1, 2 Bier zusammen und reden über Pilgerschaft und Fußball - er ist FC Augsburg-Fan. Morgen steht Moissac auf dem Programm - ich freute mich schon den ganzen Camino auf diese Stadt. Zahlreiche Filmaufnahmen und Fotos ließen mich voller Vorfreude auf die Stadt zugehen.

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