Samstag, 18. Mai 2013

Tag 48: Arzacq-Arraziguet - Argagnon

Von Arzacq-Arraziguet nach Argagnon
Distanz: 33,2 KM
Unterkunft Argagnon: Gîte de Cambarrat
 
Zwei Vorarlberger Landsleute und Pilger
auf dem Camino
Der Himmel zeigt sich dich bewölkt heute Morgen. Es gibt ein einfaches Frühstück, dass aber völlig ausreicht. Eine Zeit lang gehen Reinhard und Waltraud und ich noch in einer Art Gruppe. Sie sind sehr motiviert und gut zu Fuß. Gestern meinten sie jedoch noch, dass ich nicht so hetzen solle. Mir fällt es nicht mehr auf, dass ich schneller laufe, als die meisten anderen. Klar, es würde mir auffallen, wenn ich überholt werden würde. So wie ich die schnelle Pilgerin gestern wahrgenommen hatte. Ich denke aber nicht, dass ich künstlich bummeln sollte. Mein Körper ist inzwischen trainiert und verlangt einfach auch ein gewisses Maß an Leistung, er kann und will lange laufen. Und auch schnell. Irgendwann verabschiede ich mich dann mit den Worten "Bis vielleicht bald wieder" von ihnen. Insgeheim wusste ich aber, dass wir uns wohl nicht mehr sehen würden. Ich wünsche den beiden, dass sie den Camino bis zu ihrem großen Ziel am "Ende der Welt" auch wirklich fertig laufen konnten. Sie schienen sehr gut miteinander zu harmonieren, waren im Reinen mit sich selbst, das hat mir sehr gut gefallen. Ich traf auf meinem Camino auch einige Paare, die bei weitem nicht so im Gleichklang, oder besser Gleichschritt unterwegs waren - das war dann für beide meist nicht lustig. Da bin ich froh, alleine unterwegs sein zu können.

Die Moulin (Mühle) de Louvigny
Die Chapelle de Caubin blieb mir aus mehreren Gründen lebhaft in Erinnerung. Zum einen, weil sie schlicht sehr schön ist. Zum anderen war gerade der Pfarrer und Leiter eines Chors zugegen, der mir eine kleine Führung durch das Kleinod gab. Er bemerkte wohl nicht wirklich, dass ich dem Französischen nicht so ganz mächtig war und redete munter drauf los. Ich nickte meistens und verstand einen Teil seiner Worte. Was ich nicht verstand, teilte mir mein Führer mit. Auch war das Foto der kleinen Kapelle eines meiner letzten Fotos, die ich mit meiner Kamera machen konnte. Der anhaltende Regen und meine Sturheit, trotz der Bedingungen Fotos machen zu müssen, ließen sie bald in den Elektronik-Himmel entschwinden. Ich machte heute überhaupt sehr wenig Fotos, das Wetter lud schlicht nicht zum Fotografieren ein. Knappe 10 Stunden hätte ich laut Führer für die heutige Etappe brauchen sollen, ganz so lange hat es dann Gott sei Dank doch nicht gedauert.

Auch an einem "Pilgerbaum" kam ich heute
vorbei
Als ich völlig durchnässt in der Herberge ankomme, will ich nur noch eine heißte Dusche. Der Hospitalero begrüßt mich - ich erwarte, dass er mir meinen Schlafplatz zeigt. Anstatt in ein Zimmer im Haus zu gehen, stehe ich nun vor einem kleinen zirkuswagenähnlichen Teil. Er geht vor und zeigt mir mein Bett. Es ist darin furchtbar kalt und ungemütlich. Ich könnte die Türe des Wagens auch gleich offen lassen, temperaturtechnisch würde es keinen Unterschied machen. Ich suche die dürftigen sanitären Anlagen auf. Auch dort ist es kalt und ungemütlich. Frustriert geh ich in den Gemeinschaftsraum, wo auch das Abendessen serviert werden soll. Auch dort ist es - richtig - kalt. Es kommen nach und nach auch andere Pilger herein. Sie müssen mir meine Verzweiflung über die aktuelle Situation angesehen haben. Wir trinken Tee. Ein Paar ist so nett und meint, dass bei ihnen ihm Zimmer noch Platz für mich wäre. Es gibt also doch auch alternative Möglichkeiten, der Hospitalero hat sie mir nur nicht zeigen wollen. Ich nehme dankend an, packe meine Sachen und übersiedle in das Zimmer. Dort ist es deutlich wärmer, es gibt ein eigenes Bad. Nun wird auf einmal auch der Aufenthaltsraum beheizt. Auch die nassen Kleider können zum Waschen und Trocknen abgegeben werden. Nun war ich wieder mit der Welt, oder in dem Fall besser mit dem baskischen Hospitalero versöhnt. Er meinte später nur, dass ich doch nur hätte sagen brauchen, dass mir ein Zimmer lieber gewesen wäre.

Der Camino war heute extrem - extrem schön
In der  Folge sollte die baskische Herkunft der Hospitalero-Familie immer mehr an Bedeutung gewinnen. Sowohl beim Essen als auch danach. Es gibt eine Art Fleischaufstrich und Baguette zu Beginn, dann einen Eintopf mit Erbsen, Bohnen, Karotten und Schweinefleisch, baskischen Käse und zum Abschluss einen Baskischen Kuchen, den ich auf meiner Reise sehr zu schätzen gelernt hatte - er schmeckte stets fantastisch. Gemeinsam mit seinem kleinen Sohn nimmt der Hospitalero danach ein baskisches Saiteninstrument zur Hand und beginnt zu spielen. Ich wusste nicht, ob es sich um touristische Folklore handelte, oder ob das authentisch war - das spielte in dem Moment aber auch keine Rolle - es war wunderschön. Gespräche gab es an jenem Abend eher weniger. Die Franzosen redeten sehr schnell, ich verstand nicht sehr viel, sie bemühten sich aber auch nicht sonderlich. Lediglich das Paar, in deren Zimmer ich übernachten durfte war freundlich. Nach dem Essen und den wäremeren Temperaturen war ich wieder positiver gestimmt. Der Dauerregen heute ist mir doch sehr stark ins Gemüt gefahren.



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