Montag, 17. Juni 2013

Tag 78: Fisterra - Santiago de Compostela (Bus)

Von Fisterra nach Santiago de Compostela (per Bus)
Distanz: -
Unterkunft Santiago de Compostela: Seminario Mayor

Kein Kilometer mehr zu laufen -
ich war am Ziel
Es gibt keine zeitliche Vorgabe mehr. Wir schlafen, bis das Tageslicht uns weckt. Es hat etwas aufgeklart. Aber immer noch verdecken zahlreiche Wolken den Himmel über dem "Ende der Welt". Aber immerhin regnet es nicht mehr. Wir beschließen, zum Leuchtturm am Kap zu laufen. Die Stimmung ist sonderbar. Ab und an kommen sogar ein paar Sonnenstrahlen durch die dicke Wolkendecke hindurch. Wir passieren die Iglesia de Santa María. Einige Pilger sind auch auf dem Weg zum Kap. Einige kommen mir sehr bekannt vor. Die Stimmung unter den Pilgern wirkt sehr gelöst. Das ultimative Ende der meisten Pilger ist am Kap Fisterre erreicht. Zufriedenheit und eine Art Verklärtheit ist in vielen Gesichtern zu erkennen. Wir laufen die breite Asphaltstraße weiter voran. Nur wenige Autos stören die idyllische Stimmungen dieses mystischen Ortes. Eine große Pilgerfigur aus Eisen, auf einem großen Betonblock stehend kommt in unser Blickfeld. Ein fantastische Fotomotiv, keine Frage. Der große Leuchtturm ist schon seit längerem gut zu sehen. 
Die Stimmung am "Kap Fisterra"
Wir passieren ein großes steinernes Kreuz und gehen die letzten Meter bis zum grün-weiß bemalten Leuchtturm. Natürlich nicht, ohne zuvor noch ein Foto vom 0-Kilometerstein zu machen. Keine Markierung würde uns jetzt noch den Weg weisen müssen. Keine Kilometerangaben mehr. Ich war froh und glücklich. Ich konnte nicht mehr weiter gehen. Vor mir war nurmehr Meer. Dankbarkeit machte sich in mir breit. Die ganzen Kilometer sind gegangen worden. Vom kleinen Feldkirch bis ans buchstäbliche Ende der Welt. Ich denke, dass dem Leser dieser Zeilen klar sein wird, dass dies ein besonders erhabener Moment für den Verfasser dieses Blogs gewesen sein muss. Es ist stets wunderbar, wenn man ein Ziel erreichen kann. Dieses Ziel war furchtbar weit weg. Ich hatte großes Glück, wurde während meines Camino kaum nennenswert krank oder verletzt. Mein Wille, an diesen Ort zu gelangen war stark genug. Ich wanderte 2500 Kilometer auf fantastischen Wegen auf einen mystischen, wunderbaren Ort zu. Jedem wird klar sein, dass "der Camino" nicht linear verlaufen kann. Er geht weiter. Wenn auch vielleicht nicht mehr durch gelbe Pfeile und Jakobsmuscheln markiert. Der Weg ist wie das Leben, er geht weiter...
Endlos weit wirkt der Horizont am
"Ende der Welt"
Nach einigen ruhigen Minuten des Schweigens und des in den unendlich zu sein scheinenden Horizont-Starrens kam ich langsam wieder in der Realität an. Mir war klar, dass dieser Zeipunkt unweigerlich kommen musste, irgendwann. Jetzt war er da. Ich musste zurück in die Heimat. Der Gedanke an zu Hause machte mich traurig und froh zugleich. So unendlich Vieles habe ich in den letzten 80 Tagen erlebt und gefühlt. Dass hier das Ende davon sein soll, war schwer zu begreifen und zu akzeptieren. Es war aber eine Tatsache. Ein kleines Feuer loderte zwischen den Steinen und Felsen des Kaps. Manch ein angekommener Pilger führte das traditionelle Ritual am Kap aus und verbrannte das ein oder andere Kleidungsstück. Im Wasser baden sah ich dann aber doch niemanden, es war einfach zu kalt dafür. Es gibt einen Souvenirshop am Kap. Dort gibt es Jakobsmuscheln, Jakobsstatuen, Caminoanhänger und und und zu kaufen. Der Großteil wirkte auf mich wie Ramsch. 
Der Pilger ist an seinem Ziel angekommen
Ich wollte mich dem nicht aussetzen und wollte den Ort schnell verlassen. Kommerz und Geldgier sollten nicht meine letzten Eindrücke dieses magischen Ortes sein. Wir liefen zum Hafen und gingen noch einmal in das Restaurant von gestern Abend. Die Calamari hatten gestern Eindruck gemacht, keine Frage. nun hieß es noch die restlichen Karten zur Post zu bringen. Eine verschickte ich auch an mein zu Hause gebliebenes Ich. Ich wollte den Stempel von Fisterra auf der Karte abgedruckt haben und so zahlte ich das Porto bar, kaufte keine Briefmarke. Die spanischen Briefmarken waren ohnedies durch die Bank hässlich und so hatte ich noch ein schönes Souvenir vom Kap. Dann ging es Richtung Busstation. Da wir noch ein wenig Zeit hatten, tranken wir noch einen Kaffee im Café gegenüber.

Ca. um 14:00 fuhr der Bus dann Richtung Santiago. Einmal mussten wir umsteigen. Eva hatte sich noch um ihren Rückflug zu kümmern. Ich nutzte die Zeit und suchte in der Stadt ein paar Andenken. Für Freunde, Familie, aber auch für mich selbst. Am Abend ging es noch einmal in die Casa Manolo. Ich schenkte Eva zum Abschied eine dunkelblaue Fliese - mit gelbem Pfeil und Jakobsmuschel. In wenigen Stunden sollte die kurze aber intensive Freundschaft ein - hoffentlich nur vorläufiges - Ende nehmen. Der Alltag würde uns wieder einholen und die gemeinsam verbrachte Zeit nur mehr eine - wenn auch sehr wertvolle - Erinnerung sein, die immer mehr verblassen würde... 

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