Sonntag, 2. Juni 2013

Tag 63: Terradillos de los Templarios - Reliegos

Von Terradillos de los Templarios nach Reliegos
Distanz: 44,4 KM
Unterkunft Reliegos: Albergue Gil

Das erste Foto mit 33 Jahren
Ich habe sehr gut geschlafen. Nur zu 3. im Zimmer - daran könnte ich mich gerne gewöhnen! Ich lade Attila zu einem einfachen Frühstück ein. Die Kanadierin hatte ihr Frühstück bereits hinter sich und war noch an einem der Herberg-PC´s im Internet unterwegs. Wir starten recht zeitig. Es ist abermals ein herrlich sonniger Tag. Ich bin richtig motiviert, heute könnten es viele Kilometer werden! Die Landschaft ist für mich immer noch gleich einem kleinen Wunder. Ich bin es schlicht nicht gewohnt, so weit sehen zu können. Die vielen Berge in der Heimat machen dies unmöglich. Die Temperaturen sind am Morgen noch recht kühl, perfekt um zu pilgern. Ich bitte Attila ein Foto von mir zu machen. Das erste Foto mit meinem neuen Alter.  In Sahagún finde ich ein kleines Café mit dazugehöriger Konditorei. Es hilft nichts - es muss ein Geburtstagskuchen her. Zu Hause hätte mir meine Mutter wohl einen Erdbeerkuchen mit traditionell an meinem Geburtstag ersten eigenen reifen Erdbeeren aus dem Garten gebacken.
 
Brücke kurz vor Sahagún
Ein rumänischer Pilger setzt sich neben mich - wir unterhalten uns. Er ist deutlich untersetzt und tut sich auf seinem Camino sehr schwer. Ich will ihm nicht sagen, wieviel Kilometer ich schon hinter mir habe, aber er fragt mich nach meinem Startort. Er glaubt mir zunächst nicht, meint aber, einen "verrückten" Ungarn kennengelernt zu haben, der ebenfalls von zu Hause aus aufgebrochen war. So gesehen halte er es dann doch auch für möglich. Er habe noch einen anderen Pilger aus Österreich kennengelernt. Er sei auch von zu Hause aus aufgebrochen - kein Zweifel, er meint Hans! Er bejaht sofort und meint, er müsse ganz in der Nähe sein. Vielleicht würde ich Hans nun doch noch kennenlernen können, nachdem ich ihm schon gute 2 Monate hinterher renne, quasi zu seinem Schatten geworden bin. Dann taucht auf einmal Attila auf. Ich lade ihn sofort zu Limo und Kuchen ein. Ein Pilger neben uns fragt auf Englisch allgemein in die Runde, was heute für ein Wochentag und was für ein Datum sei. Im Nachsatz meint er aber noch, "but is it really important anyway"?, und lacht. Ich sage ihm, dass ich es an diesem speziellen Tage sehr genau weiß, da heute mein Geburtstag sei. Dann ging es ganz schnell - der Pilger, der sich danach als Johnny vorstellte, packt eine kleine Gitarre aus und gibt mir ein Geburtstagsständchen. Es ist ein wenig skurril, aber ich freue mich doch sehr darüber.
 
Wunderschöner Camino
In einem kleinen Geschäft bekomme ich noch alles, was ich an Proviant für den heutigen Tag noch brauchen würde. Ich habe jetzt immer genügend Wasser bei mir - der gestrige Tag war mir eine Lehre. Die heutige Etappe sollte eine der härteren Sorte werden. Die Sonne brannte heute erbarmungslos herunter. Zum Glück war es erst Anfang Juni, im Hochsommer muss es noch extremer sein. Es ist nahezu nie Schatten vorhanden. Die Bäume entlang des Weges vermögen kaum für Abkühlung zu sorgen. Es ist heute sehr monoton. Gerade recht, um sich Gedanken machen zu können. Ich treffe heute unterwegs vielleicht 10 Pilger. Es stehen ab Sahagún 2 Varianten zur Fortsetzung zur Auswahl. Ich entschied mich nicht bewusst für eine, denn ich hatte die Abzweigung schlicht einfach nicht bemerkt. So wanderte ich über Bercianos del Real Camino bis nach Reliegos. Im Nachhinein wäre die Via Trajana wohl doch vorzuziehen gewesen, wenngleich es wohl keinen großen Unterschied gemacht hätte. Beide Varianten sind in etwa gleich lang. Kurz vor Reliegos treffe ich noch auf ein österreichisches Paar aus Linz. Natürlich nähten sie die rot-weiß-rote Fahne auf deren Rucksäcke. Ja, jeder muss wissen dass ich aus der kleinen Alpenrepublik komme und was Besonderes bin :-). Sie waren den 11. Tag unterwegs und starteten in Logroño.

Heute bin ich in einem 4-Bettzimmer untergebracht. Ein älterer Franzose und eine junge Russin sind bei meiner Ankunft bereits im Zimmer und ruhen sich aus. Beide schauen sehr müde aus. Es kommt daher zu keinem Gespräch. Das Bad ist großzügigst gestaltet. Ich schreibe in der untergehenden Sonne mein Tagebuch und trinke 1, 2 Bier. Es ist mein Geburtstag - ich hätte meine Zimmerkollegen gerne auf ein Getränk eingeladen, sie machen jedoch keine Anstalten, aufzustehen. So ist das halt auf dem Camino, es gibt Tage, da lernt man viele interessante Menschen kennen, an anderen Tagen ist es eben nicht so. Es hängt natürlich auch sehr stark von einem selber ab - man ist nicht immer gewillt, Menschen auf sich zukommen zu lassen. So sitze ich heute alleine beim abendlichen Pilgermenü. Die Bar ist sehr gut gefüllt. Die Einheimischen spielen Karten, rauchen und trinken. Ich bin ein Fremdkörper - werde aber geduldet. Das Essen schmeckt heute nicht wirklich gut.

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