Dienstag, 4. Juni 2013

Tag 65: Leon - Hospital de Órbigo

Von Leon nach Hospital de Órbigo
Distanz: 35,3 KM
Unterkunft Hospital de Órbigo: Albergue San Miguel

Kurz vor Hospital de Órbigo
Ich muss wieder raus aus der Stadt! Die letzte große Ansammlung von Menschen vor Santiago de Compostela hinter mir lassen! Das ist mein Wunsch. Ich halte die vielen Menschen nicht mehr aus. Viele Pilger sind heute vor mir unterwegs. Es sind jetzt noch rund 325 Kilometer bis zur Apostelstadt. Pilger, die rund 2 Wochen Zeit haben, um ihren Camino zu gehen, werden wohl auch in Leon starten. Die Kathedrale war sehr imposant, die Stadt als Ganzes strahlte unglaublich - es ist aber auch ein großer Kontrast zum einfachen Pilgerleben. Der riesige Schlafsaal, in dem Massen von Menschen wie in einer Sardinenbüchse gestapelt scheinen, machte mir sehr stark zu schaffen. Ich frage mich, ab wann man von menschenunwürdigen Bedingungen sprechen kann. Sehr weit davon entfernt kann es aber wirklich nicht mehr sein. Die Geräusch- und Geruchskulisse war erschreckend. Ich spüre noch, dass es meinem Körper nicht gut geht, Trotzdem laufe ich raschen Schrittes aus der Stadt, flüchte von den Pilgern hinter mir, holen jene vor mir rasch ein. Ich habe nun - wie ich es eigentlich immer wollte - gar keinen Zeitdruck mehr. Roman wird nicht nach Santiago kommen. Eigentlich macht mich der Gedanke froh, auch weiterhin nur mir selber verantwortlich sein zu müssen. Das "planlose" Pilgern kann also weiter gehen. Wobei man bei so vielen gelben Pfeilen am Weg und der Anzahl an Führern im Rucksack wohl doch nicht von ganz planlos reden kann. Unbeschwert halt. Mein Körper fühlt sich heute sichtlich schlapp an. Die heutige Etappe, die fast nur neben der Straße verläuft ist dem natürlich alles andere als zuträglich. Die Abgase nerven mich schnell. Ich hätte mich wohl für die landschaftlich reizvollere, etwas längere  Alternativ-Variante entscheiden sollen. So laufe ich stupide die originale, etwas kürzere Straßenvariante - selber Schuld! Ich hatte die Abzweigung aber auch wieder einmal so oder so übersehen. Die Strecke nervt mich so unglaublich, dass ich auch fast keine Fotos mache - es gäbe aber auch nicht sehr viel Reizvolles zu fotografieren.

Die längste Brücke auf dem Camino Francés: Puente de
Órbigo
Unterwegs treffe ich auf den Ungarn-Express. Zunächst treffe ich Attila, dann den alten Sándor und Gabriel, der um die 40 sein dürfte. Attila fühlte sich bei seinen Landsleuten sichtlich wohl - ich wollte alleine bleiben und lief vor. Die Sonne brannte heute richtig herunter - gut möglich, dass mein Empfinden durch mein Unwohlsein verstärkt wurde. Im Laufe des Tages sollte es mir dann aber besser gehen. Ich erreichte Hospital de Órbigo um kurz nach 13:00. Eine große Brücke, die allerdings größtenteils nicht über Wasser führt begrüßt den Pilger auf dem Weg ins Dorfinnere. Mit knapp 300 Metern soll es die größte Brücke am ganzen Camino sein. Auf einer größeren Ebene vor dem Ort sind noch Holzbauten zu sehen. Fahnen und Wimpel waren auch noch aufgehängt und flatterten lustig im Wind. Wie ich später erfuhr, fand dort vor wenigen Tagen ein Mittelalterfest mit Schauturnier statt. Da ich mich nicht gut fühlte, suchte ich mir eine Herberge. Ich wurde schnell in der Albergue San Miguel fündig, die mir einen sehr guten Eindruck machte. 

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