Distanz: 29,9 KM
Unterkunft Santiago de Compostela: Seminario Menor
Ein letzter "Beschützer" auf dem Camino |
Wir frühstücken noch in der Herberge in Salceda ehe wir uns zu 5. auf die finale Etappe machen. Nicole begleitet uns auf unseren letzten rund 30 Kilometern. Wir hatten alle zusammen keine sonderlich gute Nacht gehabt. Harald flüchtete sogar ins Freie und suchte auf der Hollywoodschaukel noch nach ein paar Stunden Schlaf. In dieser Nacht taten sich übrigens überwiegend die weiblichen Pilger als Schnarch-Epizentren hervor. Ich war etwas nervös und hatte dadurch eine sehr unruhige Nacht. Heute wird ein großes Kapitel beendet. Ein großes und wichtiges Kapitel meines Lebens.
Die Straßen und Gassen Santiagos - die Kathedrale kann nicht mehr fern sein |
Nach 73 Tagen war ich in Santiago de Compostela angekommen |
Kurz vor dem Monte do Gozo gibt es noch die letzte Pause vor dem Einzug nach Santiago. Burger und Cola sollen die letzten Kräfte für die Schluss-Kilometer freisetzen. Laut dröhnt spanische Popmusik aus dem krächzenden Lautsprecher. Wir bleiben nicht lange sitzen. Nahezu wortlos betreten wir den Freudenberg, der eigentlich ziemlich unspektakulär wirkt. Das Papstdenkmal ist - wie ich finde - eher hässlich denn mich erfreuend. Goldene Bodenmarkierungen zeigen uns den Weg ins Stadtinnere. Viele Pilger sind jetzt vor und hinter uns. Einige kommen an, andere verweilen oder verlassen die Stadt auch schon wieder. Große Freude, Dankbarkeit, aber auch Sprachlosigkeit und Traurigkeit machen sich in mir breit. Ein "Aprilwetter" der Gefühle quasi. Durch prächtige Gassen gelangen wir immer weiter ins Zentrum der Apostelstadt. Durch ein Stadttor, wo ein Dudelsack-Spieler die Menschen unterhält, kommen wir auf einen großen Platz. Ich registriere zunächst gar nicht, dass dies der Platz der Plätze in Santiago ist. Ich war angekommen! Stolz thront die Kathedrale vor mir. Ich hatte unzählige Bilder von dem Bauwerk gesehen, aber erst wenn man wirklich und wahrhaftig davorsteht, wird man so richtig in ihren Bann gezogen. Ich verließ meine Herde für einige Zeit. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich für mich war. Ich hörte aber keine Menschen mehr. Der Trubel vor der Kathedrale verschwand in einem Meer der Stille. Viele Bilder kamen in mir hoch. Von meinem Start aus dem kleinen noch im Winterschlaf versunkenen Feldkirch am Ostermontag, meiner Ankunft in Einsiedeln, meiner Niedergeschlagenheit in Genf, der Ankunft im großartigen Pilgerzentrum Le Puy, die Überquerung der Pyrenäen usw. Viele Gesichter begleiteten diese Gedanken. Menschen aus Vergangenheit und Gegenwart kamen vor mein geistiges Auge. Ich war dankbar.
Während ich für mich alleine war, machten die anderen bereits Fotos für´s Erinnerungsalbum. Ich weiß nicht was in ihnen zum Zeitpunkt der Ankunft in der Apostelstadt vorgegangen sein mag.
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